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HaFI 021 ist aus einem Besuch von Laura Mulvey am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich im November 2022 hervorgegangen. Das Heft enthält zwei Texte: Mulveys Vortrag im Cabaret Voltaire, in dem sie auf die gemeinsam mit Peter Wollen kuratierte Ausstellung und den begleitenden Film zu Tina Modotti und Frida Kahlo zurückblickt, und Peter Wollens Essay von 2003 über das Phänomen der „Fridamanie.“
Durch den Fokus auf die Ausstellung und den dazugehörigen Film soll dieser weniger bekannte Aspekt der Arbeit Mulveys und Wollens in den Vordergrund gerückt werden. Aus der Gegenüberstellung von Kahlo/Modotti, die der Film und die Ausstellung in den 1980er Jahren zum Strukturprinzip nahmen, wird dabei 2024 ein loses Quartett – Mulvey/Wollen/Kahlo/Modotti –, durch das die vielfältigen Arbeitsschritte von Bergung, kuratorischer Arbeit, Ausstellung, Verfilmung, Rezeption und Reflektion neu angeordnet und aktualisiert werden.
In den Jahren 2001 bis 2014 wird Harun Farockis Werk immer stärker im Feld der zeitgenössischen Kunst wahrgenommen. Internationale Einzelpräsentationen und die Beteiligung an großen Ausstellungen wie der documenta 12 (2007) begleitet Farocki mit Reflexionen über die veränderten Bedingungen, unter denen die kontinuierliche, nun häufig in modularen Serien organisierte Produktion stattfindet. Seine Texte kommentieren und kontextualisieren einerseits die Arbeit an den installativen Zyklen Auge/Maschine, Ernste Spiele und Parallele sowie der aufwändigen 12-Kanal Installation Deep Play zum Fußball-WM-Finale 2006. Und sie bieten andererseits, im Umkreis des Films Aufschub und der Workshopserie Eine Einstellung zur Arbeit, Gelegenheit, auf zentrale Themen wie die Darstellung der Lager oder den wandelnden Status von Arbeit zurückzukommen. Im Sommer 2014 wird die über fünfzig Jahre hinweg nicht nachlassende Produktivität Farockis durch seinen plötzlichen Tod beendet. Der Band enthält ein Nachwort des Herausgebers Volker Pantenburg.
1976 inszenierten Harun Farocki und Hanns Zischler Heiner Müllers Stücke Die Schlacht und Traktor für das Theater Basel. Für Farocki blieb die Inszenierung die einzige Regiearbeit am Theater. Mit Heiner Müller aber blieb er im intellektuellen Austausch. An der Einrichtung von Müllers Text Die Hamletmaschine für den Hörfunk arbeiteten die beiden 1978 zusammen, für die Zeitschrift Filmkritik (Mai 1981) führten sie ein Gespräch.
Das vorliegende Heft versammelt Materialien um die Basler Aufführung. Klaus Völker, damals Dramaturg am Basler Haus, erinnert sich an die Hintergründe der Zusammenarbeit und macht einen Teil seiner damaligen Notizen zugänglich. Heiner Müllers Brief an Martin Linzer, Theaterkritiker und Dramaturg in der DDR, ein Text Farockis aus dem Basler Programmheft, sowie Fotografien der Produktion erschließen einen Teil des Kontexts. In den späten 1990er Jahren schrieb Hanns Zischler einen Erinnerungstext über die Arbeit mit Farocki, der für dieses Heft in Englische übersetzt wurde. Anja Quickert, als Theaterwissenschaftlerin, Dramaturgin und freie Autorin maßgeblich in der Internationalen Heiner Müller Gesellschaft engagiert, kontextualisiert die Dokumente und denkt über einige der damaligen Inszenierungsideen nach.
Harun Farockis Filme, Fernsehsendungen und Installationen sind das Ergebnis kollektiver Arbeit. Dies gilt auch für die erhebliche Recherchearbeit und Logistik, auf der viele von Farockis Filmen basieren. Zwischen 2001 (Die Schöpfer der Einkaufswelten) und 2014 (Parallele) war Matthias Rajmann für den Rechercheprozess verantwortlich; bei einigen Filmen arbeitete er zusätzlich als Tonmann und ausführender Produzent.
Rajmanns in diesem Heft veröffentlichte Collage aus ausgewählten Emails, interpunktiert durch kurze Auszüge aus Farockis Antworten, gibt einen Einblick in die Recherchebewegungen hinter Farockis 16mm-Zweikanal-Installation Vergleich über ein Drittes (2007) und deren Kinofassung Zum Vergleich (2009). Die Korrespondenz erstreckt sich über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren und zeigt, wie durch Rajmanns weitgespanntes Netz von Recherchekontakten und im Austausch mit Farocki die ursprüngliche Idee Form gewinnt, die Farocki in seinem Exposé vom Januar 2003 beschreibt: „Verglichen werden soll die Arbeit des Häuserbauens. Häuser zum Wohnen.“