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Wir beschäftigten uns mit dem amerikanischen Film in der Umbruchzeit vom Stumm- zum Tonfilm und gingen besonders auf jene Filmgattungen ein, die der veränderten ästhetischen Situation verpflichtet, einerseits als Spiegelung der Zeit (Gangster- und Horrorfilm), anderseits als Flucht aus der Zeit (Musik, Gesangs, Tanz- und Südseefilme), das amerikanische Kino zu Beginn der Dreissigerjahre bestimmten. 1933 siegte Roosevelt mit seinen Reformvorstellungen gegen Hoover, der ein rücksichtsloses Business-Amerika vertrat. "New Deal" war das Zauberwort, das die Hoffnung auf Veränderung abgab.
Kennzeichen der Zeit ist ein Optimismus, der sich nicht nur im Wallstreet-Denken erschöpfte, sondern auch dem kleinen Mann eine neue Zukunft wies. Dieses veränderte Klima ist in den Filmen nachzuzeichnen. Wir verfolgten, wie der Gangsterfilm in der Spiegelung der Zwanzigerjahre Ausdruck für die Stimmung zu Beginn der Dreissigerjahre wurde. Gerade der Gangsterfilm, der in kürzester Zeit ein in sich geschlossenes Genre mit feststehenden Strukturen geworden war, wird einer Brechung unterworfen. Der klassische Gangsterfilm wird zur Gangsterkomödie oder zum Polizistenfilm. Statt den Identifikationsfilmen, in denen die Gangstergeschichte die einzig noch verbliebene verzweifelte Aufstiegschance des kleinen Mannes in die grosse und reiche Welt bedeutet und nichts anderes sein will als Erfolgsgeschichte des Unterhundes, entstehen nun warnende didaktische Filme im Sinne des "Crime don't pay". Die Ideologie des New Deal, welche wirtschaftliche Selbsthilfe mit staatlicher Unterstützung verbindet, verbietet sich jegliche Illegalität, da jetzt dasselbe auch auf dem legalen Wege – mindestens wirtschaftlich – wieder lebenswert wird.
Für die Veränderung des klassischen durchaus traumatischen Gangsterfilms in die Schwerelosigkeit einer brillanten unterhaltsamen Komödie kann unter anderen Filmen THE WHOLE TOWN’S TALKING (Stadtgespräch) 1934 von John Ford beigezogen werden. Die Veränderung zeigt sich bereits in der Schauspielerbesetzung. Edward G. Robinson, der grosse Gangsterdarsteller, spielt eine Doppelrolle: den ängstlichen pedantischen, besorgten Angestellten Jones und den wilden rücksichtslosen Killer Mannion. Der Gangsterschauspieler spaltet sich in den harmlosen kleinen Mann und den demonstrativen Übermenschen, wobei innerhalb der Rollengestaltung sich aus der äusseren Gleichheit innere Ähnlichkeiten abzuzeichnen beginnen, den Hoffnungsaufbruch des New Deal bezeichnend: Jones, der kleine Angestellte, gerät durch seine physiologische Ähnlichkeit mit dem grossen Killer Mannion, der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, in ungeheure Verwirrungen und Schwierigkeiten und sieht sich von allen Seiten – von der Polizei, von der Bevölkerung und vom Gangster – bedroht.
Das Doppelgängermotiv hat zwei Aspekte: Einerseits ist die in der Zeit andauernde Bedrohung in der physischen
Anwesenheit des Gangsters gegenwärtig, anderseits erhält der kleine
unscheinbare Amerikaner eine reale Chance, sich durchzusetzen. In letzter Not
liquidiert Jones aus Existenzangst den
Killer und bekommt – gleichsam als Belohnung – die managersichere Gattin und
reist mit ihr nach einem Ort mit Kinoklang: Shanghai.
Auch im Detail ist der Film voller optimistischer Anspielungen und Ironien, so
wenn der kleine Jones sein Autogramm neben den Namen Mae West setzt, wenn die
angebetete Frau selbstsicher nicht nur dem Detektiv ungestraft eine Ohrfeige
verabreicht, sich ob der Dummheit der Polizei amüsiert und die Angestellten im
Büro "Sklaven" nennt, sondern zielbewusst im kleinen Mann den
richtigen erblickt, und der kleine Hilflose vor der selbstsicheren Frau nicht
Angst hat. All dies wirkt, amerikanisch ungewohnt, wie ein Abschütteln von
Fesseln, Ängsten und Zwängen. Jeder hat eine Chance, kann sich aus der Umklammerung durch Bedrohung und Angst
befreien. Vielleicht muss er zur Maschinenpistole greifen und dabei ob seinem
eigenen Mut in Ohnmacht fallen. Aber aus der Ohnmacht gibt es ein Aufwachen und
einen Dampfer nach Shanghai.
Aus dem Gangsterfilm wird eine Gangsterkomödie.
Diese Veränderung ist bezeichnend. Die Gattung Filmkomödie erlebt auf allen
Stufen einen Aufbruch, angefangen von
Boulevardstückverfilmungen, Dutzendware mit Lachcharakter bis hin zu Lubitschs hinreissenden ironisierenden
Gesellschaftskomödien und Frank Capras humorvollen politisch engagierten
Märchen.
Ich möchte zwei Filme herausgreifen, welche das New-Deal-Klima spiegeln. King
Vidors OUR DAILY BREAD und Frank Capras MR. SMITH GOES TO WASHINGTON.
1934 dreht King Vidor – gleichsam als Auftakt zum New Deal mit eigenem Geld, da er keinen Produzenten fand, einen politisch engagierten, sentimentalen und programmatischen Film, in dem durch gemeinsame Arbeit in einer "Kommune" die Probleme der Gegenwart gelöst werden können. OUR DAILY BREAD ist die Geschichte eines jungen Paares, das den Mut zur Veränderung findet. Zu Beginn des Films breitet sich jene Realität, die auch die Wirklichkeit der Zuschauer war und noch ist: Der Mann ist arbeitslos in einer Umwelt, in der keine Arbeit zu finden ist: Elend, Hoffnungslosigkeit, Resignation. Ein Onkel vermittelt dem Paar eine verlassene, verlotterte Farm. Mit ihren Habseligkeiten unter dem Arm ziehen Mann und Frau dorthin, und gleich wird freudig erregt, getragen von strahlendem Optimismus Hand angelegt.
Die Frau säubert das Haus. Der Mann schlägt
den Spaten in die ausgetrocknete Erde. Ein Auto, vollbeladen auf dem Wege nach
dem gelobten Land Kalifornien, hält an. Schon ist die erste Arbeitskraft
eingestellt. Unter dem Baum wird am Abend folkloristisch des Tages Müh
gefeiert. Das erlebte Beispiel wird zur Grundidee. Die Kalifornier-Fahrer, die
wegen der Brutalität der Natur und der Banken ihr Land verloren haben, werden
auf das Grundstück umgeleitet, und es entsteht ein Bauern-Camp, eine
Farm-Kommune, ein Selbsthilfe-Dorf. Jeder hat sein Häuschen, seine
Individualität, und alle arbeiten gemeinsam unter dem neuen, in der Versammlung
selbstbestimmten Boss John, dem Mann des jungen Paares, für eine gemeinsame
Aufgabe. Singend zieht man zur Arbeit.
Der Pflug, von Männern gezogen, bricht die Erde auf: ein Bild von Aufbau-Arbeit,
wie wir es auch aus dem russischen Film kennen, jedoch bei King Vidor
chaotischer, individueller, fantasievoller, mit Lagerfeuer-Folklore gemixt.
Die Schwierigkeiten bleiben nicht aus. Doch sie sind da, um gemeistert zu
werden. Die Farm soll verkauft werden. Die "Kommune" kauft sie sich
selbst, indem recht rabiat, im Sinne der Selbstverteidigung der Eigentümer, der
wohl eine Bank ist, um seinen Gewinn gebracht wird. Saatgut fehlt: Ein Verbrecher lässt sich für 500 Dollar der Polizei übergeben, sodass das bitter notwendige Saatgut gekauft werden kann. Eine aus Nacht und Regen aufgetauchte Blondine bringt Unheil in die Ehe. Sohn will
Frau und Lager verlassen. Doch das Bild des "Verbrechers", der sich
für die gute Sache geopfert hat, führt ihn zurück. Eine verheerende Dürre bricht an. Doch in einer letzten gewaltigen Anstrengung
wird eine Wasserrinne – ein Kanal – durch Wälder, Wiesen, Gestrüpp gebaut und das
Wasser eines Flusses angezapft. Die Endsequenz: Wild und unbändig sucht sich das
Wasser in der Rinne den Weg zu den ausgedorrten Maisfeldern, wo Frauen und
Kinder mit freudigem Choral warten.
King Vidors OUR DAILY BREAD ist ein filmisches Lied auf die Hoffnung, auf tätige Veränderung, auf Selbsthilfe und Zusammenarbeit. Roosevelt liess solche Selbsthilfe-Arbeitscamps errichten, die mit öffentlichen Mitteln z. B. auch Strassen und Brücken bauten. In John Fords 1939 entstandenem Film THE GRAPES OF WRATH (DIE FRÜCHTE DES ZORNS), auf den ich am Ende der heutigen Vorlesung eingehen werde, finden sich die gleichen zwischen Realismus und Utopie angesiedelten Szenen wieder.
In King Vidors Erfolgsgeschichte ist die "Success-Story" nicht mehr die Geschichte des Aufstiegs eines Gangsters. Sondern auf legalem Weg schafft sich die Gemeinschaft in Kollektivarbeit eine bessere Zukunft. Der "Kriminelle" übergibt sich der Polizei, damit der gesunde Teil der Gesellschaft aus der Misere aufsteigen kann. Und die gefährlich üppige, schwarz gekleidete Blondine verschwindet wieder aus dem Film, wie sie gekommen war, als wäre sie nur die überwindbare Störung in der neu gewonnenen Idylle gewesen. Ein ungeheurer Optimismus wird in King Vidors Film verkündet. Dass dieser Optimismus mit einer Rückkehr zur Scholle in einer Gesellschaft verkündet wird, die ihre Arbeitslosigkeit aus den Industrieballungen bezieht, gehört zu den immer wiederkehrenden Vorstellungen, wonach Land und Natur den Menschen aus der grossstädtischen Zerstörung erlösen.
Der eigentliche Propagandator von Roosevelts
New Deal wurde Frank Capra, der in der Stummfilmzeit die Figur Harry Langdons
entwickelt hatte und zwischen 1934 und 1941 mit sozialkritischen Komödien sich
eine neue Karriere aufbaute, bevor er zwischen 1942 und 1945 mit der Dokumentarfilm-Serie
WHY WE FIGHT den, wie auch in anderen Ländern üblichen, Kriegspropagandafilm
pflegte.
Nach Drehbüchern von Robert Riskin drehte Capra von 1934 an eine Reihe von
Komödien, welche gesellschaftspolitische Probleme der Zeit – landwirtschaftliche
Armut, Bodenspekulation, politische Korruption – durchaus sozialkritisch
vorführend zum Thema hatten, aber in der dramaturgischen Auflösung – gleichsam
im Sinne eines gesellschaftspolitischen Happy Ends – Märchenhoffnungen zu Hilfe
nahm.
So kämpft der von der Jugend getragene neue Senator Jefferson Smith in MR. SMITH GOES TO WASHINGTON – der Film kam 1939 in die Kinos – gegen mächtige korrupte Lobbys, die Roosevelts Arbeitsbeschaffungsprogramme für eigene Interessen gebrauchen, er kämpft gegen die Machenschaften etablierter Senatoren, die ihn als nützlichen Idioten missbrauchen wollen, er kämpft gegen eine vom Kapital gekaufte Presse, die, statt die Pressefreiheit zu nutzen, alles tut, um die Demokratie zu verhindern. Er kämpft und kämpft und kämpft, unterstützt von seiner Sekretärin, gegen ein etabliertes, heuchlerisches, gemeines Washington, gegen ein Amerika, das seine eigene Geschichte verraten hat, und er würde heute noch kämpfen oder auch nicht mehr, wenn nicht im letzten Moment der Präsidentschaftskandidat von Reue überwältigt die grausame Übung mit einem Geständnis abgebrochen hätte.
Geschickt packt Capra geschichtliches und staatskundliches Wissen in die Komödie ein, was dem Film einen didaktischen, aufklärerischen Zug gibt. Dass aber dieses Thema über parlamentarische Korruption nach fünf Jahren "New Deal" durchaus aktualitätsbezogen dargeboten wird, zeigt auf, dass für Capra mit der Ära Roosevelt nicht eine grundsätzlich neue Zeit angebrochen ist, sondern dass es vielmehr gilt, das angekündigte Reformprogramm zu verwirklichen.
King Vidors OUR DAILY BREAD 1934 und Capras MR.
SMITH GOES TO WASHINGTON 1939 stellte ich als filmische Klammer des New Deal
dar. Diese beiden Filme, die so sehr der Zeit angehören, gehören nicht dem
Hollywood der Dreissigerjahre an.
Das Hollywood der Dreissigerjahre wird in erster Linie durch das Studiosystem
der drei grossen Gesellschaften MGM, Paramount und RKO (Radio-Keith-Orpheum)
bestimmt: durch eine extreme Arbeitsteilung – Ende der Dreissigerjahre
unterschied man in den Studios 276 Berufsgruppen –, durch die von Irving
Thalberg initiierte Einführung des Producer-Systems, indem ein einzelner die
Gesamtverantwortung für die Produktion eines Films von der Planung bis zur
Fertigstellung übernimmt und der Regisseur nur noch eine ausführende Funktion
hat – wird eine handwerkliche Perfektion erreicht, die ihre Entsprechung in
einem faltenlosen Glamour und in einer unübertrefflichen Kino-Künstlichkeit findet.
Dekor und Stars runden das Bild einer Kino-Welt ab, die Musicals, Komödien
verschiedenster Prägung, Melodramen und fantastische Filme umfasst. Confessions films und Persönlichkeitsporträts ergänzen als Trend das in sich geschlossene
Hollywood-Universum, in welchem die Produzenten – wie z. B. David O. Selznick – ihre
Individualität, ja ihre Gigantonomie, leben können und nicht mehr die Autoren
oder Regisseure.
Das seit 1917 verfügbare Technicolor mit seiner heute erstaunlich wirkenden
Farbbrillanz wird von 1935 an von den grossen Gesellschaften aufgenommen und mit
einem nicht unerheblichen Produktionsanteil eingesetzt – ca. 20 Filme pro Jahr.
Mit dem Ausbruch des Krieges wird der Kino-Glamour aufgebrochen: Die Filme der
"schwarzen Serie" nehmen den grau-realistischen Beginn des
klassischen Gangsterfilms wieder auf, nur jetzt resignierter, schwärzer und
depressiver geworden. Und Orson Welles schleudert als Regisseur, Autor und
Schauspieler seinen CITIZEN KANE in die amerikanischen Kinos.
Hollywood ist als gigantische Filmindustrie
stets auch Teil der Wirtschafts- und Industriegeschichte. So stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der New Deal im wirtschaftlichen
Bereich auf Hollywood hatte. Als der Börsenkrach ausbrach und Amerika in die Depressionszeit geriet, erwies
sich die Kinoindustrie als krisenfest. Statt des erwarteten, seit 1926 sich abzeichnenden
Zusammenbruchs Hollywoods begannen 1930 die Gewinne zu steigen.
Was jedoch von den Banken als "krisenfest" bezeichnet wurde, war die
durch den sensationellen Erfolg des Tonfilms erbrachte Gewinnmarge, die trotz der
hohen für den industriellen Aufbau des Tonfilms getätigten Investitionen
gesteigert werden konnte. Dank dieses antidepressiven Phänomens und des
finanziellen Engagements der beiden Grossbanken Morgan und Rockefeller, wovon
ich zu Beginn der Lehrveranstaltung gesprochen habe, wurde Hollywood mit seiner
Filmindustrie ein begehrtes Investitionsgebiet. Zugleich fand die
Monopolisierung durch acht Grossunternehmen ihren Abschluss. Bezeichnend für
den Vorgang der Monopolisierung war, dass es darum ging, die Kinoketten und mit
den Kinoketten verbunden den Verleih unter Kontrolle zu bringen. Durch Block- und
Blindbuchen, bei dem von einem Kinobesitzer auf einen A-Film bis zu 50 B-Filme, die wegen der niedrigen Produktionskosten das eigentliche Geld brachten,
genommen werden mussten, wurde eine trustartige Abhängigkeit erzielt. 1939
stammten 86 Prozent der Gewinne aus dem Verleihgeschäft und nicht aus der Produktion
der Filme.
Und wiederum zugleich mit dem Erfolg des
Tonfilme und dem Aufbau der industriellen Machtstruktur Hollywoods, die auch,
ihre Auswirkung auf den Produktionsprozess hatte – im Sinne einer extremen
Arbeitsteilung im Studiosystem – setzte auch eine Anti-Hollywood-Bewegung ein.
1930 war das durch den Postminister Hays initiierte Selbstkontrollinstrument "Motion
Picture Production Code" (MPPC) in Kraft getreten, verlor aber bald angesichts
einer der Depressionszeit verpflichteten Filmproduktion ihre Wirkung. Die
Entwicklung zur "sauberen Leinwand" fand in der New-Deal-Bewegung
jedoch ihre Fortsetzung, obwohl die 1934 gegründete Liga der Anständigkeit
("National Legion of Decency") konservativen und besonders
katholischen Ursprungs war.
Neben den Gangsterfilmen war es Mae West, welche die Nation zutiefst
verunsicherte. Es gehört zur Geschichte der sich nun verschärfenden Selbstzensur,
dass Mae West dank einer gross angelegten Anti-Mae-West-Kampagne durch die Hearst-
und Paul-Block-Presse im Gefolge ihres 1936 entstandenen Films KLONDIKE ANNIE
von Raoul Walsh ihren Durchbruch erlebte. Zugleich rettete sie auch mit ihrem Film
die Paramount vor dem Ruin.
Die Anti-Hollywood-Bewegung nahm 1934 für die Filmindustrie mit Boykott-Gelöbnissen bedrohliche Züge an. In Philadelphia gingen die Einnahmen z. B. um 40 Prozent zurück. Seit 1933 hatte zudem der Filmboom nachgelassen, bald schlossen 5000 Kinos und in die Filmindustrie brach unerwartet die Arbeitslosigkeit ein. Unter diesem ökonomischen und moralischen Druck erklärten sich die acht grossen Studios zu einer radikalen Selbstzensur bereit, die eine obligatorische Freigabebescheinigung und eine Vorprüfung der Drehbücher umfasste. Um 1934 droht Hollywood zusammenzubrechen; 1933 war es zum ersten Generalstreik in Hollywood gekommen.
Auch der Auslandmarkt, der stets grosse
Profite gebracht hatte, schrumpft aufgrund der politischen
Entwicklungen in Europa. Zugleich wird Hollywood der Traum der Emigranten aus Europa. In den
Dreissigerjahren kamen 12'000 Immigranten nach Hollywood. Mit Ausnahme der
Warner und der Metro-Goldwyn-Mayer geraten alle Produktionsgesellschafen
vorübergehend unter Treuhandverwaltung und damit vollkommen in Abhängigkeit von
den Banken, machen Konkurs oder werden über Fusionen im Rahmen einer neuen
Monopolisierungsbewegung reorganisiert.
Roosevelt versuchte bereits 1934 gesetzgeberisch einzugreifen, und es kommt im Gefolge
des New Deal zu einer neuen kurzen Wirtschaftsblüte der
Filmindustrie in Kalifornien, die übrigens neben der Ölindustrie die
zweitgrösste Industrie in Kalifornien ist. Das Jahr 1937 bringt wieder –
kurzfristig – neue Gewinne, die jedoch vor Ausbruch des Krieges wegen einer
geänderten Anti-Hollywood-Steuerpolitik merklich nachlassen.
Paradebeispiel für das Hollywood der Dreissigerjahre
mit seiner Glamourbrillanz, seinem Designerkult und einer ins Gigantische
gesteigerten Vorstellung von einem bis ins letzte Detail ausgefeilten
Kino-Perfektionismus ist die von Selznick produzierte und
generalstabsmässig durchgeführte
Verfilmung von Margaret Mitchells 1936 erschienenem Roman aus der
Sezessionszeit mit dem assoziativen Bestsellertitel GONE WITH THE WIND (VOM
WINDE VERWEHT).
Der Film erlebte am 15. Dezember 1939 in Atlanta eine umwerfende Premiere und
blieb bis 1965, als die MGM-Produktion THE SOUND OF MUSIC (Robert Wise) auf den
Markt kam, der kassenstärkste Erfolgsschlager der Kinoindustrie.
Selznicks Film verbrauchte mehrere Regisseure. Der Film wurde von George Cukor
begonnen, dann übernahm Victor Fleming die Regie, der durch Clark Gables
Weigerung, im Film zu weinen, nach vielen anderen Strapazen einen physischen
und psychischen Zusammenbruch erlitt, sodass er von dem langweiligen Routinier
Sam Wood abgelöst werden musste. Daneben wirkten noch Chester Franklin und James Fitzpatrick und selbst
Selznicks Ausstattungschef William Cameron Menzies als Co-Regisseure mit. In
gleicher Weise wurden Drehbuchautoren wie Ben Hecht und Fitzgerald von Selznick
verbraucht, während Oliver Garnett unzählige Drehbuchfassungen schrieb für eine
Material- und Menschenschlacht, wie sie Hollywood nicht mehr erlebt hatte seit
den Zeiten Strohheims. Für das brennende Atlanta, einen Traum jedes Pyromanen, wurden das Tor von Jerusalem
und die KING-KONG-Kulissen kunstgerecht angezündet, wobei die ganze Sequenz
innerhalb von 40 Minuten von den einzigen vier Technicolor-Kameras der MGM
aufgenommen werden mussten.
Und dies alles für ein Hollywood, das sich letztlich selbst darstellt.
Selznicks Hollywood: 1959 wurde das immer noch auf dem Filmgelände des Desilu Studios stehende Tara abgebaut und nach Atlanta verfrachtet, um es an jener Stelle wieder aufzubauen, an der sich nach Margaret Mitchells Beschreibung das fiktive Tara hätte befinden müssen. Damals sagte Selznick: "Tara war bloss eine Fassade; es gab darin keine Zimmer. Das ist symbolisch für Hollywood – sobald etwas fotografiert ist, hat auch sein Leben ein Ende."
Doch dieses Fotografieren – d. h. zum Kinoleben erwecken – geschah mit einer Obsession, die wie bei Stroheim und Cecil B. DeMille Kino zu einer Doch dieses Fotografieren – d. h. zum Kinoleben erwecken – geschah mit einer Obsession, die wie bei Stroheim und Cecil B. DeMille Kino zu einer werden liess. Ich sage Kino und nicht Film. Am Ende seines Lebens ziehen sich David O. Selznick und seine Frau Jennifer Jones in ihre Villa "The Hill" zurück, dazwischen begeben sie sich auf lange Reisen. "Ein angenehmes Leben", wie Selznick selbst sagt, "zu angenehm, um es aufzugeben und Filme zu machen, so wie die Dinge heute liegen." Was auch heisst: für Selznick ist das Leben selbst Kino geworden.
Anhand einiger Dias zu GONE WITH THE WIND möchte ich Ihnen noch einen kleinen Einblick in den Hollywood'schen Perfektionismus geben.
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1936 war Margaret Mitchells Roman erschienen und sofort entbrannte der Kampf um die Filmrechte, den David O. Selznick gewann. Selznick wollte den Film als eine unabhängige Produktion für den United Artists Verleih realisieren. Da er aber für die Rolle des Rhett Butler unbedingt Clark Gable brauchte, der bei der MGM unter Exklusivvertrag stand, musste Selznick abwarten, bis sein eigener Vertrag bei der United Artists auslief, denn die MGM war nur bereit, ihren Gable auszuleihen, wenn sie dafür die Verleihrechte bekommt. Zudem sah sich Selznick gezwungen, seine möglichen Profite ebenfalls mit der MGM zu teilen. Clark Gable bekam zur wöchentlichen Gage von 4500 Dollar einen Bonus von 50’000 Dollar, was ihm ermöglichte, sich scheiden zu lassen und Carol Lombard zu heiraten.
Da wegen der verschiedenen Verträge mit der
Produktion des Films nicht begonnen werde konnte, wurde ein publizistisch
ausgewertete, weltweite Suche nach einer geeigneten Scarlett-Darstellerin
eingeleitet. Am 28. September 1936 begann man mit den Probeaufnahmen und am
21./22. Dezember 1938 wurde die 25-jährige Vivien Leigh getestet, die für fünf Tage nach
Hollywood geeilt war, um Laurence Olivier zu besuchen. Olivier und Vivien Leigh
waren das damalige Skandalpaar. Sie sprach bei Selznick vor, der Film war
bereits in voller Produktion, und, obwohl unbekannt, bekam sie die
Rolle. Selznick schrieb damals an seine Frau: "Myron hat Larry Olivier und
Vivien Leigh zu dem Brand mitgebracht (es handelt sich um den grossen Brand von
Atlanta, der damals gedreht wurde). Pscht. Sie ist der Geheimtip für die
Scarlett und sieht verdammt gut aus. Sags keinem weiter. Im Rennen liegen
bloss noch Paulette Goddard, Jean Arthur, Joan Bennett und Vivien Leigh."
Vivien Leigh hatte in ihrem Optimismus bereits vor Bekanntgabe ihrer Wahl alle
Bühnenverträge in London aufgelöst.
Ich zeige Ihnen jetzt ein paar
Probeaufnahmen aus der Suche nach der geeigneten Scarlett:
Zunächst Jean Arthur, von der Selznick an seine Frau schrieb: "Sie hat uns
nichts als Ärger gebracht ... Für mich ist es, als hätte ich sie nie im Leben
gesehen." Jean Arthur soll, als sie die Rolle nicht bekam, die Probeaufnahmen
verbrannt haben. Dann Joan Bennett, die kurz vor Vivien Leigh getestet wurde
und ebenfalls sehr gefiel.
Zu den Anwärterinnen auf die Rolle gehörte
ein Fotomodell namens Edith Marrener, die mehrmals getestet wurde. Sie bekam
die Rolle nicht, wurde aber von Paramount unter Vertrag genommen und begann als
Susan Hayward (Abb.) eine erfolgreiche Filmkarriere.
Lana Turner gefiel Selznick sehr, aber sie galt als zu unerfahren, während
Paulette Goddard es neben der Vivien Leigh zu den einzigen Technicolor-Probeaufnahmen
brachte und schliesslich – wie auch Francis Dee – ausschied.
Amüsant ist, wie am Ende der Aufnahme mit Susan Hayward alles lacht.
Ich zeige Ihnen noch weitere Aufnahmen: Sie stammen aus einem Film über Selznick: zunächst die Vorstellung der Stars Vivian Leigh und Clark Gable und Margaret Mitchell, dann Ausschnitte aus dem Film: die Ballszene, da Vivien Leigh und Clark Gable auf einem sich drehenden Plateau durch den Saal schweben, sodass man glaubt, die Kamera befände sich inmitten der Tanzenden – dann Liebesszenen, die der Selbstzensur nicht gefielen, und zuletzt noch die Rede Vivien Leighs – ich vermute bei der Oskar-Verleihung.
Zum Abschluss der heutigen Stunde: Ich muss
gestehen, ich habe Selznicks GONE WITH THE WIND am letzten Dienstag genossen. Manchmal schämte ich mich, dass mir der Film so sehr gefiel, besonders wenn man
die filmhistorischen Würdigungen kennt. Die grosse epische Breite des Films,
die Verbindung von Glamour und Emotion, und wie innerhalb dieses immensen
Aufwandes an Technik und Dekor die schauspielerische Gestaltung durchgehalten
wurde, liess mich nicht unberührt.
Zudem glaube ich, wenn man daran ginge, die Gestaltung der Personen, der Herrin
von Tara, des Abenteurers Rhett Butler und ihrer Umwelt näher zu untersuchen,
liesse sich aufzeigen, was den amerikanischen Unterhaltungsfilm auszeichnet, dass die vorfindbaren Inhalte, die so konsumträchtig angeboten werden, von
einer starken Aussage sind.
1946 von Selznick produzierter Film GONE WITH THE WIND ist ein Beispiel für Hollywoods gigantische
Produktionsmöglichkeiten. Es sind jene Möglichkeiten, die immer wieder die
neuen Ansätze Hollywoods auszeichnen.
Ich möchte Selznicks Monumentalgemälde, das für das Hollywood der
Dreissigerjahre steht, einem anderen Film gegenüber stellen. Mit King Vidors
OUR DAILY BREAD – es hätte auch King Vidors DUEL IN THE SUN sein können – mit
den Komödien Capras, mit der sozialkritischen Fotografie der Dreissigerjahre
und dem Dokumentarfilm eines Leo Hurwitz, Paul Strand bracht der New
Deal in verschiedenen Ausdrucksformen eine selbstkritische, sozial- und
politisch engagierte filmische Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen
Gegenwart.
Wenn ich mich im Folgenden John Fords
Verfilmung von John Heinbecks Roman THE GRAPES OF WRATH (DIE FRÜCHTE DES ZORNS) von 1939/40 zuwende, möchte ich diesen Film nicht als Beispiel für
Fords gesellschaftspolitische Einstellung beiziehen, denn diese ist viel
ambivalenter und in der Grundstruktur dem amerikanischen Konservativismus verpflichtet,
als vielmehr aufzeigen, wie trotz der von Selznick umschriebenen Hollywood-Fassade Filme möglich sind, die von einer engen Verbindung von formaler
Gestaltung und einem engagiert vermittelten Inhalt leben.
Über eine im Licht flimmernde Strasse zieht eine hagere Gestalt: Tommy (Tom) Joad
kehrt vom Gefängnis zurück, nicht
entflohen, wie alle glauben werden, denn dies wäre heldenhaft, sondern
freigelassen auf Ehrenwort. Über eine weite unendliche Landschaft wölbt sich der Himmel mit schweren drohenden
Wolken, Tommy begegnet einem Pastor, der den Glauben verloren hat und nicht mehr Pastor
ist. Zusammen suchen sie das Haus von Tommys Eltern auf, während jener Sturm
sich erhebt, der die Erde austrocknet und wegträgt.
Sie treten in die dunkle Behausung der
Eltern ein. Alle sind weggezogen. Nur einer blieb, Cracy, und der erzählt, wie
sie weggingen zu Onkel John, um nach Kalifornien zu ziehen. Zugleich kann die
längst erwünschte Industrialisierung der Landwirtschaft folgen.
Die kleinen Farmer waren stets Pächter gewesen, hatten Kredite bei den Banken
aufgenommen. Doch der ewige Wind, der die Erde wegträgt, hat sie arm gemacht,
sodass sie ihre Zinsen nicht mehr bezahlen können. – So gehen die
Gesellschaften, die das Land aufkauften, zur bäuerlichen Industrialisierung
über. Statt viele Familien mit vielen Arbeitskräften sollen wenige Traktoren
mit wenigen, zudem schlecht bezahlten Landarbeitern die Arbeit tun und die
verloren gegangene Rendite wiederherstellen.
Im Grunde der gleiche Vorgang, der in den russischen Filmen in der Gründung von
Kolchosen dargestellt wird, nur dass an Stelle der Gesellschaften die Partei
steht, und deshalb wird der Aufmarsch der Traktoren, wird die Industrialisierte
Landwirtschaft im Gegensatz zu John Fords Film positiv dargestellt.
In Rückblenden, die im hellen Licht der Aktualität zur düsteren Erzählstimmung in der Dunkelheit der Hütte kontrastieren, wird die Bedrohung und die Vertreibung der Bauern visualisiert. Die Gesellschaft, der jetzt das Land gehört, fährt im offenen Wagen vor. Immer wieder wird im Laufe des Films dieses Bild erscheinen: ein offener schwerer Wagen – Statussymbol der Reichen und Mächtigen – und im Wagen sitzen Männer, wohlgenährt, mit körperlicher Verdrängung, selbstbewusst, ihrer Macht sicher: Agenten der Gesellschaft, Arbeitsvermittler, Hilfssheriffs und Sheriffs, von der Gesellschaft bezahlt – wohlgerundete "Cars" mit wohlgerundeten Männern. Dazu kontrastieren die durch die Landschaft schleichenden überladen Lastwagen mit unterernährten Menschen. Was bei Steinbeck in einer präzisen, harten Sprache als realistische Darstellung sozialer Ausweglosigkeit erscheint, wird bei Ford auf einfache klare Bilder reduziert, so z. B. wenn Cracy zuletzt auf der Erde kauert, durch seine Hände die zu Staub gewordene Erde rinnen lässt, und die Kamera von oben zuschaut, als wäre um ihn nur noch die zur Wüste gewordene Landschaft.
Nach einer kurzen Zwischenszene in der
dunklen Hütte, in der die Männer nur in Nah- und Grossaufnahmen erscheinen, als
gäbe es keine Umgebung, sondern nur Schwärze und Nacht um sie, werden die
mächtigen Traktoren eingeblendet, die über die Felder ziehen und die
Industrialisierung der Landwirtschaft bringen und damit den kleinen arbeitsamen,
fleissigen Farmer verdrängen.
Die dritte Rückblende wirkt wie eine Kriegsszene. Einem Panzer gleich fährt ein
Traktor auf, gelenkt vom Sohn des Nachbarn, der im Dienste der Gesellschaft
seinen Job tut – nicht mehr freier Bauer, sondern bäuerlicher Angestellter der
Gesellschaft. Gross und mächtig sitzt er auf seinem Koloss, von unten aufgenommen, ein
Krieger der Gesellschaft, die geschnürten Stiefel gegen die Kamera gerichtet. Der Traktor fährt durch, walzt die Holzhütte nieder, Panzerspuren auf der
trockenen Erde hinterlassend. Die Schatten der Betroffenen legen sich hart über
die Spuren.
Auch hier findet sich wieder ein Beispiel, wie Ford auf ein einziges Bild reduziert ein visuelles Zeichen setzt, das für Momente die ganze Aussage zur Zeit umfasst. Die Rückblenden stehen im klaren Licht einer Reportage, wie sie damals von der Sozialfotografie eingebracht wurde. In Totalen, die die Menschen in ihr soziales Umfeld stellen, und in provokativen Nahaufnahmen wird die Aktualität der Ereignisse gezeigt. Im Gegensatz dazu sind die Szenen im Innern der Hütte: die drei Männer in Nah- und Grossaufnahmen ohne Umfeld, im Dunkeln versinkend. Das Beispiel setzt ein, als Tom mit dem abtrünnigen Pater über die ausgedörrten Felder zieht und das elterliche Haus aufsucht.
Anhand eines zweiten Beispiels möchte ich
die von Steinbeck und Ford vorgenommene soziale und politische Analyse
illustrieren – eine Analyse, die in dieser Zeit auf diese eindringliche Weise in
keinem anderen Lande erfolgte. Der Camion, vollbeladen, endlich am Ziel,
endlich im gelobten Land, im kalifornischen Paradies angelangt, fährt in den
zugewiesenen Camp ein. In einem langen Travelling dringt die Kamera aus der
subjektiven Sicht des Camions ins Lager ein.
Mit einer einzigen Kamerafahrt wird das ganze Elend des Lagers erfasst, werden
die Menschen erfasst, die feindselig aus ihren Behausungen kommen, herumstehen,
sich dem Camion in den Weg stellen, sodass die Ankömmlinge spüren, dass sie zuviel
sind, keinen Platz hier haben, kaum einen Platz hier finden werden, da es
keinen Platz mehr hat. Die Spannung zwischen den Ankömmlingen und den
Anwesenden, die einst in gleicher Weise voller Hoffnung angekommen sind und
jetzt nur noch ausgemergelte Gestalten einer betrogenen Hoffnung sind – diese Spannung
wird in dem langsamen Eindringen der Kamera, im Abtasten der Umwelt durch die
Kamera spürbar.
In der folgenden Szene kocht Ma, und die Kinder aus dem Lager schauen hungernd
zu. Wer noch etwas zu essen hat, verzehrt es schamvoll im Zelt, damit die
Hungernden es nicht sehen. Mit wenigen Bildern, Gesten, Situationen werden
Elend, Hunger, Ausweglosigkeit aufgereiht. Es sind die gleichen Bilder, wie sie
die Sozialfotografie zwischen 1935 und 1939 wiedergab, als es darum eine visuelle
Bestandesaufnahme der sozialen Situation der Bauern vorzunehmen.
Im Auftrage der von Roosevelt 1935 geschaffenen "Farm Security
Administration", die vor allem Kleinbauern schützen sollte, wurde von
Fotografen wie Walker Evans (Abb.), Russell Lee, Ben Shan, Arthur Rothstein, Paul
Taylor und Dorothea Lange eine Sammlung von 200'000 Fotografien über die
soziale Situation der Bauern erstellt.
Zurück zum Film: In die Zustandsschilderung
bricht eine knapp konzipierte Handlung ein, welche den Zustand in
gesellschaftspolitische Zusammenhänge stellt. Wieder fährt ein offener Wagen
vor – das bereits genannte und immer wiederkehrende Motiv für die Beweglichkeit
und Macht der Gesellschaften, Banken, der lokalen Behörden und der Polizei.
Ein wohlgenährter Arbeitsvermittler mit einem ebenso wohlgenährten Hilfssheriff
bietet Arbeit an, doch ohne Tarifvertrag –, damit die Arbeiter um die Hälfte
unterbezahlt werden können. (Gemäss Angebot und Nachfrage lässt das Überangebot
an Arbeitskräften den Lohn ohne staatlichen Schutz unter das Existenzminimum fallen.)
Ein junger Mann klärt die Anwesenden, die Arbeitssuchenden über die
Zusammenhänge auf, über die Zusammenarbeit zwischen den reichen Plantagenbesitzern
und der lokalen Verwaltung. Die Ausbeutung billiger Arbeitskräfte erfolgt unter
dem Schutze der Polizei.
Der junge Mann wird vom Hilfssheriff als Agitator "entlarvt". Der
junge Mann flieht vor der drohenden Verhaftung. Der Hilfssheriff schiesst auf
den Fliehenden, trifft eine Frau, die dem Schuss im Wege steht. Das
Herumballern der Polizei inmitten von Menschen gehörte zur damaligen Kritik an
der Polizei. Zudem: Wenn die Polizei kommt, ist jeder schuldig, der zufällig dort anwesend
ist, wo die Polizei ist – eine durchaus aktuelle Situation. In einer kurzen, handlungsgedrängten Szene wird spürbar, was als Angst hinter
der zum Protest unfähig gewordenen Menschengruppe steht, dem steht der
ehemalige Pastor gegenüber, der sich verhaften lässt, die Angst überwindend.
Ich setze mit dem Beispiel mit der Szene vor dem Camp ein: vor der Garage mit einer noch freundlichen Polizei ...