Header

Suche

Schriftenreihe «Film-Konzepte»

Die «Film-Konzepte» leisten einen Beitrag zur kontinuierlichen Erforschung und kritischen Würdigung von Filmemacher*innen in der Geschichte und Gegenwart des Films. Die Reihe erscheint vierteljährlich und wurde von 2019 bis 2024 von Fabienne Liptay, Kristina Köhler und Jörg Schweinitz herausgegeben.

 

Fabienne Liptay (Hg.): Daniel Schmid. Film-Konzepte 74. München: edition text + kritik, 2024.

Daniel Schmids Kino-Anfänge lagen zwar in Deutschland, wo er in Berlin Film studierte, früh intensive Kontakte in die Bewegung des Jungen Deutschen Films pflegte und bald zum Kreis um Rainer Werner Fassbinder gehörte, in dessen Filmen er auch als Darsteller mitwirkte. Doch war er durch und durch ein Schweizer Regisseur.

Aufmerksam wurde die Öffentlichkeit auf ihn, als der junge Bündner mit jüdischen Wurzeln Fassbinders heftig umstrittenes Stück «Der Müll, die Stadt und der Tod» verfilmte (Schatten der Engel) und 1976 in Cannes zeigte. So richtig kam seine Regiekarriere nach 1980 in Gang, als er sich in einer Vielzahl von Genres profilierte. Das Spektrum reicht von der berührenden Beobachtung gealterter Operndiven im Altersheim (Der Kuss der Tosca, 1984) über die Neulektüre literarischer Klassiker, etwa Jenatsch (1987) nach C. F. Meyer, mehrere Kurzfilme oder eine Bestandsaufnahme schweizerischer Filmgeschichte, bis zum grotesk-postmodernen Beresina (1999), der viel ästhetischen wie politischen Zeitgeist atmet. Ein «Realist» wollte Schmid nie sein. Radikale Ästhetik paart sich mit der Affinität zu mythologischen (Kino-)Bildern, zu großer Oper, Popmusik oder Kitsch – sie zeugen von barocken Neigungen und Motiven abgesunkener kultureller Erinnerung.

mehr

Linda Waack (Hg.): Mia Hansen-Løve. Film-Konzepte 70. München: edition text + kritik, 2023.

Mia Hansen-Løve hat sich international einen Namen gemacht für ihre meditativen Filme – und gilt heute als eine der interessantesten Regisseurinnen ihrer Generation. Erstmalig im deutschsprachigen Raum versammelt der Band Beiträge zu ihrem Filmschaffen, verortet es innerhalb der französischen Filmlandschaft und gibt Einblick in das spezifisch Zeitgenössische ihrer Erzählweise. Da die Filme eigenwillig nah um ihre Biografie herum organisiert sind, scheint es naheliegend, ihr Werk mit der Figur der Autorin zu verklammern: Von Amy über Maya bis Camille tragen die Filmfiguren Anagramm-Namen der Regisseurin. Zugleich handelt es sich um Codeformen, die auch eine Differenz zu ihrem Leben anzeigen und auf die Gefahr einer Verwechslung hindeuten. Mit Blick auf die Kurz- und Langfilme von Mia Hansen-Løve wird die Frage gestellt, welches ästhetische Programm sich darin artikuliert und wie sich dieses mit Blick auf z. B. philosophische, feministische oder musikalische Intertexte ausbuchstabieren lässt. Dabei treten Themen wie Trennung, Trauer und Resilienz in Zusammenhang mit spezifischen filmischen Gestaltungsweisen, etwa einer besonderen Temporalität.

Mit Texten von Kate Ince, Till Kadritzke, Elena Meilicke, Hannah Pilarczyk und Linda Waack.

mehr

Fabienne Liptay (Hg.): Roy Andersson. Film-Konzepte 60. München: edition text + kritik, 2021.

eingeschlossene räume

Obwohl Roy Andersson seit seinem Debüt mit «Eine schwedische Liebesgeschichte» (1970) gerade einmal fünf Langspielfilme realisiert hat, gehört er zu den grossen Stilisten und Philosophen des europäischen Kinos. Ein Paar schwebt am Wolkenhimmel in enger Umarmung, unter ihnen eine zerbombte Ruinenlandschaft. Ein Vater bindet der kleinen Tochter im strömenden Regen die Schnürsenkel. Ein Priester hat seinen Glauben verloren, er sucht Hilfe beim Arzt, aber die Praxis hat bereits geschlossen. Szenen aus Roy Anderssons jüngstem Film «Über die Unendlichkeit» (2019) fügen sich – wie auch in anderen Filmen des Regisseurs – zu einer Reihe dramatisch lose verbundener Episoden. Darin wird die menschliche Existenz in ihrer ganzen Würde und Lächerlichkeit verdichtet. Alles Geschehen erscheint profan und transzendent, alltäglich und surreal zugleich. Roy Andersson ist ein lakonischer Erzähler und ein äußerst präziser Choreograph, der seine Filme aus Miniaturen fügt, in denen sich gerade deshalb das große Ganze zeigt, weil sich kaum etwas ereignet. Zärtlich und mitleidlos wird das menschliche Leben geschildert, die Sehnsucht nach Liebe, die Suche nach Sinn, die Bürde des Alltags, die Schrecken des Krieges, die Vergänglichkeit des Lebens und der Traum von der Unendlichkeit.

mehr