Navigation auf uzh.ch
von Thomas Chisten
In die 1960er Jahre fällt auch der Beginn von Sidlers intensiver Mitarbeit als Herausgeber der Schweizer Filmzeitschrift CINEMA – von 1964 bis 1973 –, als die Zeitschrift noch den Untertitel «nichtkommerzielle Vierteljahreszeitschrift» trug und das offizielle Organ der «Vereinigung Schweizer Filmclubs» war. Damit fällt auch ein weiteres Stichwort, das Viktor Sidlers Arbeit mit Film prägte: die Mitarbeit in der Filmklubbewegung, zunächst im Filmklub Luzern, später auch auf schweizerischer Ebene als Mitglied des Vorstandes von Cinélibre, des Verbands Schweizer Filmklubs und nicht gewinnorientierter Kinos (ab etwa 1960 bis 1996).
Der erste längere Artikel von Viktor Sidler im CINEMA gilt dem Thema von Heft Nr. 39 (1964), Ingmar Bergmans Trilogie SASOM IN E SPEGEL (Wie in einem Spiegel, SWE 1961), NATTVARDSGÄSTERNA (Licht im Winter, SWE 1962) und TYSTNADEN (Das Schweigen, SWE 1963). Darin ging es Sidler zugleich um eine Differenzierung zwischen tagesaktueller, zeitgebundener Filmkritik und einer übergreifenden Filminterpretation – man erkennt leicht den Einfluss des Literaturprofessors Emil Staiger, bei dem Sidler studiert hatte, und dessen Werk Die Kunst der Interpretation (erschienen 1955). In den kommenden Jahren widmeten sich weitere Schwerpunktartikel dem tschechoslowakischen Film, inklusive der Filme des Prager Frühlings (Nr. 44/45), dem jungen deutschen Film (Nr. 53/54), der Zensur (Nr. 57/58) – wobei sich Sidler in die laufende Diskussion um die Abschaffung der Zensur einschaltete und sich vehement gegen jegliche Zensur stellte –, dem schwedischen Film (Nr. 63) oder den Klassikern der Filmkomik (Nr. 66/67). Abgerundet wurde diese Aufsatzserie vom persönlich gehaltenen Artikel «Kino» im letzten Heft der Zeitschrift (Nr. 76), bevor sie von der «Arbeitsgemeinschaft Cinema» übernommen wurde, die zunächst für einige Jahre die vierteljährliche Erscheinungsweise beibehielt, dann aber zum noch heute bestehenden Jahrbuchmodus wechselte. In diesem Essay erfährt man auch, über welche Filme Sidler mit dem Film und Kino in Kontakt kam. Es sind dies nicht unbedingt die bleibenden Meisterwerke der Filmkunst, sondern Filme wie <Hamlet> von Laurence Olivier (GB 1948) – hier wohl wieder geleitet von der alten Passion fürs Theater – oder der Western DUEL IN THE SUN (USA 1948) von King Vidor sowie DIE BÜCHSE DER PANDORA (D 1929) von Georg Wilhelm Pabst, in dem Sidlers grosse Liebe zu Louise Brooks in der von ihr verkörperten Lulu Ausdruck fand. Er schrieb in diesen Jahren zudem einen Grossteil der Kolumne «Aus den Schätzen der Cinémathèque», die Raritäten vorstellte, die in der Cinémathèque in Lausanne lagerten.