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Seminar für Filmwissenschaft

«Abstranimieren – Reduktion und Vergegenständlichung im Animationsfilm»

Workshop im Rahmen des Doktoratsprogramms Visuelle Dispositive: Kino, Photographie und andere Medien (Universität Zürich, Universität Lausanne)
 

16. und 17.10. 2020, Zürich (Hybridveranstaltung)
 

Programm (PDF, 89 KB)

Die sinnliche Anschaulichkeit des Animationsfilms wird in einem interdependenten Prozess von Verwandlung und In-Bewegung-Setzen allererst hergestellt, den wir gemeinhin mit dem Begriff der Animation als formgebenden Akt bezeichnen. Wenn das Ergebnis dieses Aktes die Produktion von Sinnlichkeit ist, erscheint in der klassischen Auffassung des Begriffs der Abstraktion diese Sinnlichkeit merkwürdig widersprüchlich: Abstraktion bezeichnet in Philosophie und Kunst je spezifisch eine Absetzbewegung vom Konkreten und ist dem intelligiblen Erfassen näher als dem sinnlich konkret Wahrnehmbaren.
Der Film im Allgemeinen und der Animationsfilm im Besonderen kehren dieses Verhältnis zwar nicht zwingend um, fügen seiner intellektuellen Topographie aber Dimensionen und Komplexionen hinzu, die uns als bedenkenswert und diskussionsbedürftig erscheinen: Filme verleiben sich vorfilmische Wirklichkeiten (reale ebenso wie für den Film fingierte) ein, denen sie audiovisuelle Gestalt, mithin eigene Wirkungswirklichkeit verleihen. In dieser Eigenwirklichkeit filmischer Welten liegt – da ein referentieller Bezug zu einer oder der Welt kaum ästhetisch suspendiert werden kann – Abstraktion als Konstruktionsmodus zwingend vor, da Film stets nur Ansichten, Ausschnitte, Fragmente etc. seiner Welten präsentieren kann, um diese zu repräsentieren. Der Animationsfilm, der definitionsgemäss nicht in gleichem Ausmass über die fotografische Anmutung des Realfilms verfügt (selbst dann, wenn die durch ihn animierten Objekte Fotografien sind), zugleich aber ebenso referentielle Bezüge herstellt, erweist sich durch das stärkere Gefälle, das er zwischen sinnlicher Konkretion und formaler Abstraktion aufweist, als geradezu paradigmatisches Exempel zur Reflexion filmischer Bedeutungsproduktion. Durch den Animationsfilm werden die Antagonismen von Abstraktion und Konkretion, Nachahmung und Beschreibung, Ähnlichkeit und Verfremdung neu ausgerichtet und je spezifisch verhandelt.
Hieran knüpfen sich unterschiedliche Fragen zu den Herangehensweisen an die filmisch- mediale Praxis der Animation und ihr Verhältnis zur Abstraktion: Welche historischen Kontinuitäten und Diskontinuitäten weist die Abstraktion in der Geschichte des Animationsfilms auf? Sind Techniken der Animation zugleich solche der Abstraktion oder umgekehrt: Verbirgt der Animationsfilm gerade seine Abstraktionstechniken, indem er sie durch andere Abstraktionen ersetzt? In welchem Verhältnis steht die Abstraktion im und des Animationsfilms zur Abstraktion in Wissenschaft und anderen Künsten? Ist Animation auch ein Weg dem Abstrakten zu begegnen, Abstraktion also zu reduzieren? Wie sind Abstraktion und Animation in der ästhetischen Erfahrung des Films analytisch und theoretisch zu greifen? Wie wird das Verhältnis zur Abstraktion durch Animationsfilme selbst reflektiert und diskursiv anschlussfähig gemacht?

Weiterführende Informationen

Organisation und Kontakt

Vera Schamal und Philipp Blum
Seminar für Filmwissenschaft
Universität Zürich